Autokäufe sind gerne mit einem Darlehensvertrag verknüpft. Dient der Darlehensvertrag damit der Finanzierung des Kaufvertrags des Autos, handelt es sich um einen sogenannten verbundenen Vertrag. Wird der Darlehensvertrag widerrufen, wird damit auch der Kaufvertrag widerrufen (§ 358 Abs. 2 BGB).
Der Widerrufsgegner bzw. Partner ist in diesem Fall für den Verbraucher jeweils die darlehensgebende Bank. Diese tritt auch hinsichtlich des Kaufvertrages bezüglich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des verkaufenden Unternehmens ein. Die gesamte Rückabwicklung der beiden Verträge (Darlehensvertrag & Autokaufvertrag) finden damit gegenüber der Bank statt.
Im Falle des wirksamen Widerrufs sind die jeweils erhaltenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. Nutzungsersatz oder Wertersatz zu leisten. Der Verbraucher muss das Auto zurückgeben und erhält von der Bank alle geleisteten Zahlungen zurück.
Der Umfang der sodann noch geschuldeten Wertersatz, Nutzungsersatz oder Zinspflichten hängt von der konkreten Fallgestaltung ab. Die genauen Rückabwicklungsmodalitäten hängen u.a. davon ab, wie der widerrufene Vertrag geschlossen wurde (z.B. im Rahmen des Fernabsatzes) oder was im jeweiligen Vertrag stand und betreffen ggf. sowohl den Kaufvertrag als auch den Darlehensvertrag.
Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 25.10.2022 – XI ZR 44/22 mit der Frage des Wertersatzes beschäftigt, denn der widerrufende Verbraucher im Rahmen der Rückabwicklung hinsichtlich des ebenso mit dem widerrufenen Darlehensvertrag widerrufenen Kaufvertrages des Autos ggf. zu leisten hat.
„Bei einem mit einem im stationären Handel geschlossenen Fahrzeugkaufvertrag verbundenen und vom Darlehensnehmer widerrufenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag ist für die Berechnung des Wertersatzanspruchs nach § 357 Abs. 7 BGB in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (nunmehr: § 357a Abs. 1 BGB) bei Übergabe des Fahrzeugs an den Verbraucher der Händlerverkaufspreis einschließlich Händlermarge und Umsatzsteuer und bei Rückgewähr des Fahrzeugs an den Darlehensgeber oder den Händler der Händlereinkaufspreis zugrundezulegen.“
BGH 25.10.2022 – XI ZR 44/22
Das bedeutet nichts anderes als dass der widerrufende Verbraucher, soweit es die Rückabwicklung des Kaufvertrages des Autos angeht, an die Bank das Auto zurückgeben muss und den Wertverlust des Autos bis zur Rückgabe ausgleichen muss. Der BGH setzt hierzu auf die sogenannte Vergleichswertmethode.
„Danach hat der Kläger die Differenz zwischen dem unter Heranziehung der vertraglichen Gegenleistung zu ermittelnden Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber zu ersetzen (vgl. Senatsurteil, aaO Rn. 40). Maßgeblich ist der objektive Wert der Sache (Senatsurteil, aaO Rn. 43).“
BGH 25.10.2022 – XI ZR 44/22
Der BGH nimmt demnach den Bruttokaufpreis des Autos als Maßstab an und vergleicht diesen mit dem Wert des Autos zum Zeitpunkt der Rückgabe an die Bank. Der Differenzbetrag ist der Wertersatz, den der Verbraucher an die Bank zum Ausgleich leisten muss.
Der BGH klärt mit dieser Entscheidung die Frage, welcher Anfangswert und Endwert des Autos im Falle des Widerrufs der Kfz Finazierung und deren Rückabwicklung anzusetzen ist.
Der BGH stellt fest, dass es beim Anfangswert der Bruttoverkaufspreis des Autos bis max. dem tatsächlichen Kaufpreis ist. Teilweise wurde vertreten, dass lediglich der netto Händlereinkaufspreis anzusetzen wäre. Die Differenz wäre hier zwischen Anfangswert des Autos und Endwert deutlich niedriger. Dieser Ansicht tritt der BGH nun entgegen und hält fest, dass es seiner Ansicht nach um den Ersatz des tatsächlichen materiellen Wertverlustes der Ware geht. Dies umfasst daher den Bruttokaufpreis des Autos inkl. Umsatzsteuer.
Soweit es die Wertbemessung des Autos bei der Rückgabe an die Bank angeht, setzt der BGH hier bei seiner objektiven Wertbemessung auf den Händlereinkaufspreis als maßgebliche Größe. Dies sei der Wert zudem der Verbraucher das Auto veräußern könne und würde daher den Wert des Fahrzeuges für den Händler korrekt widerspiegeln.
Der XI. Zivilsenat des BGHs rechnet somit im Falle der Rückabwicklung eines finanzierten Autokaufs wegen des Widerrufs des Darlehensvertrages relativ ungünstig zulasten des Verbrauchers. Der Wertersatz berechnet sich letztlich aus der Differenz zwischen brutto Verkaufspreis des ursprünglichen Autokaufs begrenzt lediglich durch den tatsächlich vereinbarten Kaufpreis und dem insoweit deutlich niedrigeren Verkaufspreis des Verbrauchers an den Händler. Dieser liegt denknotwendigerweise unter dem Preis den der Händler für den Verkauf dieses Autos ansetzte würde und den der Verbraucher für den Erwerb eines vergleichbaren Autos beim Händler aufwenden müsste.
Die Argumentation des BGHs ist auf tatsächlicher Ebene nur bedingt überzeugend. Diese Rechtsprechung führt im Ergebnis dazu, dass auch im Falle des sofortigen Widerrufs innerhalb der regulären 14 Tage ein erheblicher Wertersatz zu leisten wäre, sollte das Auto in der Zeit den Besitzer wechseln. Weil das Auto alleine durch die Übergabe an den Kunden tatsächlich enorm an Wert verliert und der Rückgabepreis bzw. Einkaufspreis auch hier nicht der Bruttoverkaufspreis des Händlers wäre. Der BGH umgeht dieses Problem damit, dass er bei der Berechnung des Wertersatzes insoweit auf den anfänglichen Verkehrswert abstellt und diesen fiktiv als den tatsächlichen Händlerbruttopreis definiert. Im Ergebnis wäre damit dann wohl kein Wertersatz zu leisten, der BGH lässt dies aber letzlich offen.
Das auch im Falle des frühzeitigen Widerrufs ein voller Wertersatz nach der Rechnung des BGHs beim späten Widerruf nach Bruttoverkaufspreis abzüglich des sodann tatsächlichen Einkaufspreises des Händlers zu leisten sei, wäre ein herber Nachteil für den Verbraucher und dürfte die Entscheidung zum Widerruf deutlich erschweren.
Das der Gesetzgeber dies so wollte oder der EuGH eine derartige Entscheidung mittragen würde, dass im Falle des zeitnahen Widerrufs und Rückabwicklung ohne das weitere Umstände hinzutreten, der Verbraucher einen Wertersatz in Höhe des tatsächlich eingetretenen Wertverlustes des Autos zu tragen hätte, dürfte angezweifelt werden.
Abzugrenzen ist die Rechtsprechung des XI. Senats des BGHs von der zahlreichen ergangenen Rechtsprechung u.a. des VI. und VIa. Senats des BGHs zur Thematik des Schadensersatzes wegen unzulässiger Abschaltvorrichtungen bzw. Ansprüchen nach § 823 ff BGB.