Zur Vermutung der Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO – BGH IX ZR 71/22

Der BGH hat sich in seinem Beschluss vom 12.01.2023 – IX ZR 71/22 einmal mehr mit den Anforderungen an eine insolvenzrechtliche Anfechtung nach § 133 InsO befasst. Konkret geht es um die Vorsatzanfechtung und die Beweiserleichterung für den Insolvenzverwalter im Rahmen der Darlegungslast zur Begründung der Anfechtung.

Der BGH führt seine Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO und seinem Urteil vom 06.05.2021 – IX ZR 71/20 fort.

Der BGH weißt in seiner Entscheidung vom 12.01.2023 – IX ZR 71/22 darauf hin, dass er keineswegs seine gesamt Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung mit seinem Urteil vom 06.05.2021 geändert hat.

Insbesondere weißt der BGH darauf hin, dass die Vermutung der Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO so gilt, wie sie im Gesetz steht. Nicht erforderlich ist es daher dafür, dass der Schuldner Kenntnisse darüber hat, ob der Schuldner seine übrigen Gläubiger auf künftig nicht wird befriedigen können.

Für die gesetzliche Vermutung der Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners muss der Anfechtungsgegner nicht wissen, dass der Schuldner seine übrigen Gläubiger auch künftig nicht wird befriedigen können.

BGH 12.01.2023 – IX ZR 71/22

Insoweit entschärft der BGH etwas die anhaltenden Diskussionen um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und insbesondere den Umfang der Kenntnis davon seitens des Gläubigers bzw. Anfechtungsgegners.

Explizit weißt der BGH in seinem Beschluss vom 12.01.2023 – IX ZR 71/22 darauf hin, dass er seine Rechtsprechung zu dieser Vermutung nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO nicht geändert hat oder dies beabsichtigt.

In dem jetzt vom BGH entschiedenen Verfahren ging es um eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Hamburg vom 07.03.2022 – 11 U 62/11. Auch wenn der BGH das Urteil im Ergebnis hält, beanstandet er die rechtlichen Ausführungen des OLG Hamburgs an einigen wesentlichen Stellen.

Besonders bemerkenswert sind deswegen die Ausführungen des BGHs gerade deshalb, weil er im Rahmen seiner Darlegungslast bei der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht verpflichtet gewesen wäre, konkrete Ausführungen zur Anwendung des § 133 InsO und der Vermutung der Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO zu machen.

Daraus lässt sich schließen, dass der BGH mit der Umsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung aus dem Urteil vom 06.05.2021 – IX ZR 71/20 nicht zufrieden ist oder diese sogar mancherorts über das vom BGH gewünschte Ziel hinausschießt.

Bei der Auslegung der Entscheidung des BGHs vom 06.05.2021 – IX ZR 71/20 wird gerne übersehen, dass sich der BGH dort mit dem Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz befasst hat, aber auch in dieser Entscheidung bereits darauf hingewiesen hatte, dass die beweiserleichternde Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO durchaus weiterhin gilt.

Das maßgeblichere Merkmal bei der Anfechtung nach § 133 InsO ist in diesem Zusammenhang eher, zumindest soweit man sich auf die Vermutung der Kenntnis nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO beruft, die Kenntnis oder das Kennen müssen des Anfechtungsgegner von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bzw. der drohenden.