Wenn die Kapitalanlage pleitegeht

Kapitalanlagen haben immer auch ein gewisses Risiko, dass die prognostizierte Rendite oder Ertragserwartung nicht erfüllt wird. Was aber wenn die Geldanlage nicht nur hinter den finanziellen Zielen zurückbleibt, sondern selbst insolvent wird oder gar ein Kapitalanlagebetrugsfall dahinersteckt.

Die Haftung des Anlegers ist dabei meistens aber nicht immer vertraglich ausgeschlossen oder auf seine Einlage begrenzt. Der Anleger hat zudem oft über Jahre Ausschüttungen oder Zahlungen erhalten und wähnt seine Verluste insoweit als begrenzt. Es kann sein, dass er hier aber die Rechnung ohne den Insolvenzverwalter gemacht hat. Sollte der Insolvenzverwalter die Ausschüttungen und Zahlen anfechten, kann es passieren, dass der Anleger auch diese zurückzahlen muss.

Der BGH hat sich in seinen Entscheidungen vom 11.11.2021 – IX ZR 237/20, IX ZR 240/20 und vom 02.12.2021 – IX ZR 111/20, IX ZR 112/20 mit derartigen Konstellationen befasst gehabt.

In diesen Fällen ging es einmal um eine Investition in Photovoltaikanlagen, bei der der Anleger Photovoltaikmodule von Photovoltaikanlagen erwerben konnte, um diese gleichzeitig wieder an eine Untergesellschaft der Verkäuferin zu vermieten (IX ZR 237/20 & IX ZR 240/20). Der Anleger erhielt hierfür eine „Miete“ als Ertrag.

Bei den anderen Fällen ging es hingegen um die Zeichnung von Genussrechten eines Unternehmens, bei der Anleger jährlich auf Grundlage der Geschäftsentwicklung eine Basisdividende und Gewinnbeteiligung ausgeschüttet erhielt (IX ZR 111/20, IX ZR 112/20).

Die jeweiligen Unternehmen an denen sich die Anleger beteiligt hatten bzw. mit denen die Kapitalanlagen geschlossen wurden, gingen in Insolvenz. Die Insolvenzverwalter forderten von Anlegern nunmehr erhaltene Ausschüttungen/Mieten zurück. Als Rechtsgrund diente hierfür die Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO.

Dieser wird auch als Schenkungsanfechtung bezeichnet. Der Insolvenzverwalter kann hiernach unentgeltliche Leistung des Schuldners an Dritte anfechten. Als Zeitrahmen gelten hierfür Leistungen, die binnen 4 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. Das ist relativ wichtig, weil nicht auf den Zeitpunkt der Leistung abgestellt wird, sondern auf den Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Der BGH definiert die unentgeltliche bzw. entgeltliche Leistung wie folgt:

In einem Zwei-Personen-Verhältnis – wie vorliegend – ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 – IX ZR 208/18, NZI 2021, 26 Rn. 9). Für die Bewertung ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020, aaO Rn. 10; vom 22. Juli 2021, aaO Rn. 11).

BGH 02.12.2021 – IX ZR 111/20

In beiden vom BGH entschiedenen Konstellationen hatten die betroffenen Anleger Verträge geschlossen und angenommen aufgrund dieser ihre finanziellen Zuwendungen zu erhalten. Hier würde nicht jeder auf die Idee kommen, dass es sich um Schenkungen an den Anleger handeln würde und erst Recht nicht, dass es für die Zahlungen keinen Rechtsgrund gab. Schließlich hatten die Anleger Geld investiert und Verträge geschlossen.

Der BGH stellt jedoch auf die jeweils im Einzelfall tatsächlich vorliegende rechtliche Vertragsausgestaltung und wirtschaftliche Entwicklung der jeweiligen Unternehmen ab. Maßgeblich hierbei ist und das macht es für den Verbraucher als Anleger oft schwer, nicht die Sicht des Anlegers oder sein Informationsstand, sondern die des insolventen Unternehmens und der dort handelnden.

Die Rechtsprechung des BGHs ist in diesem Bereich sehr von Einzelfallentscheidungen geprägt. Der BGH schaut sich jeweils in diesen Fällen sehr genau die zugrundeliegenden Verträge und insbesondere AGBs an und die wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Unternehmen. Explizit nicht ausreichend für eine Schenkungsanfechtung ist es, wenn sich die Begründung zur Anfechtung auf einen vermeintlichen Kapitalanlagebetrug oder ein Schneeballsystem beschränkt. Gerade in der letzten Konstellation ist es gleichwohl bei einer überzeugenden Argumentation durchaus möglich, dass der Insolvenzverwalter erfolgreich Auszahlungen anficht.

Im Falle des Kaufs und Vermietung der Photovoltaikanlagen hat der BGH die Ansprüche des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung der Mieten jedoch abgelehnt. Hier habe ein Rechtsgrund für die Zahlungen vorgelegen (IX ZR 237/20, IX ZR 240/20).

In den beiden Fällen der Entscheidungen IX ZR 111/20 und IX ZR 112/20 haben die Anleger ggf. weniger Glück. Die zugunsten der betroffenen Kapitalanleger gefällten Entscheidungen des Oberlandesgerichts, die Ansprüche des Insolvenzverwalters ablehnten, hob der BGH auf und verwies zurück. Die Vorinstanzen haben nicht genau genug geprüft und müsse dies nun nachholen. Hier droht also weiterhin eine Rückzahlung.

Sollte daher der Insolvenzverwalter an die Tür klopfen und Ausschüttungen von Kapitalanlagen zurückfordern, gilt es den Sachverhalt sehr genau zu betrachten und zu bewerten. Die Ansprüche können begründet sein, müssen es aber nicht.