BGH kippt eine Sparkassen-Klausel zur Vorfälligkeitsentschädigung (XI ZR 22/24)

Mit Urteil vom 20. Mai 2025 – XI ZR 22/24 hat der Bundesgerichtshof (BGH) einem Darlehensnehmer die Rückzahlung einer gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung zugesprochen. Grund hierfür war, dass die von der Sparkasse verwendete Klausel in den AGB des Immobiliendarlehensvertrags nicht hinreichend klar und verständlich über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informierte.

Sachverhalt

Im August 2016 schloss der Kläger ein Immobiliardarlehen mit einer Sparkasse ab. Später begehrte er die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens. Die Sparkasse verlangte dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 7.600,16 € sowie zusätzlich 150,00 € Institutsaufwand. Der Darlehensnehmer zahlte den Betrag unter Vorbehalt und verlangte die Summe anschließend zurück – mit Erfolg wie der BGH jetzt entschied (XI ZR 22/24).

Die Sparkasse hatte in ihren AGB zum Darlehensvertrag unter den Ziffern 10.1 und 10.2 Regelungen zur vorzeitigen Rückzahlung und zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung getroffen. Der BGH zitiert in seiner Entscheidung vom 20.05.2025 – XI ZR 22/24 u. a. folgendes Passus:

„Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen.“

Entscheidung des BGH

Nach Auffassung des XI. Zivilsenats genügen diese Angaben nicht den Anforderungen an Transparenz und Verständlichkeit im Sinne von Art 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, sodass entsprechend § 502 BGB ein Anspruch der Sparkasse auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht gegeben ist. Der Verbraucher werde nicht in die Lage versetzt, nachzuvollziehen, wie die Vorfälligkeitsentschädigung tatsächlich berechnet wird.

Der BGH erläutert zunächst die Berechnungsmethode nach der sogenannten Aktiv-Passiv-Methode. Maßgeblich sei hierbei die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Zinssatz und der Rendite von Kapitalmarktanlagen (z. B. Pfandbriefe) mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht.

Der BGH erkennt, dass die Sparkasse einiges zum Thema Vorfälligkeitsberechnung im Darlehensvertrag Ausführt und u.a. auch selbst auf die Berechnungsmethode Aktiv-Passiv eingeht. Allerdings ist der BGH der Meinung, dass die Sparkasse die verschiedenen dargestellten Aspekte der Vorfälligkeitsentschädigung nicht in einen nachvollziehbaren Zusammenhang stellt. Dadurch wird der Darlehensnehmer unklar informiert. Folglich kann der Verbraucher – so der BGH in seinem Urteil vom 20. Mai 2025 (XI ZR 22/24) – nicht erkennen, in welchem Verhältnis die von der Sparkasse berechnete Summe zu den angegebenen Parametern steht.

Der Verbraucher könne die Klausel sogar so verstehen, dass die Vorfälligkeitsentschädigung dadurch berechnet werde, dass die vertraglich geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen auf den Ablösezeitpunkt abgezinst werden. Dies bedeutet, der Darlehensnehmer könne einem Irrtum über die Art und Weise der Berechung der Vorfälligkeitsentschädigung erliegen.

Der BGH fasst dies in den Entscheidungsgründen prägnant zusammen:

„Dass der finanzielle Nachteil im Ausgangspunkt in der Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite der am Kapitalmarkt erworbenen Papiere mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht, liegt, wird durch Ziffer 10.2 des Darlehensvertrags nicht hinreichend klar.“

Keine Heilung durch Auskunftsanspruch

Der gesetzliche Auskunftsanspruch des Darlehensnehmers nach § 493 Abs. 5 BGB zur Höhe der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung führt nach Ansicht des BGH nicht dazu, dass fehlerhafte oder irreführende Angaben im Vertrag zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachträglich geheilt werden. Maßgeblich sei allein, dass die Berechnungsmethode bereits bei Vertragsschluss klar und verständlich erläutert werde.

Einordnung

Mit der Entscheidung setzt der BGH seine Linie aus dem Urteil vom 3. Dezember 2024 – XI ZR 75/23 fort. Der Senat bestätigt damit erneut den gesetzgeberischen Grundgedanken des § 502 BGB:

Eine Vorfälligkeitsentschädigung kann nur verlangt werden, wenn die Berechnungsmethode im Vertrag klar, verständlich und nachvollziehbar dargestellt ist.

Es kommt dabei ganz konkret auf die Formulierungen im Darlehensvertrag und den entsprechenden AGB an.

Für Verbraucher hat das Urteil erhebliche praktische Relevanz: Wer eine Vorfälligkeitsentschädigung bei der fortzeitigen Rückzahlung eines Immobiliendarlehens gezahlt hat und dessen Vertrag ähnliche Klauseln enthält, kann prüfen lassen, ob eine Rückforderung in Betracht kommt.

Wichtig dabei ist zu beachten, dass der BGH hier durch seine Augen auf die Verträge blickt und es nicht darauf ankommt, ob der konkrete Darlehensnehmer die Ausführungen zur Vorfälligkeitsentschädigung in seinem Immobiliendarlehensvertrag missverstehen kann, sondern ein nach Sicht des XI. Zivilsenates objektiv verständiger durchschnitts Verbraucher.

Deutlich ausgedrückt, es geht nicht darum, ob der konkrete Darlehensnehmer tatsächlich einem Irrtum erliegt oder erliegen kann, sondern ob diese Möglichkeit nach Sicht des BGHs auf Basis der Formulierungen im Darlehensvertrag möglich erscheint.

Kann dies auf Grundlage der Formulierungen zur Vorfälligkeitsentschädigung im Immobiliendarlehensvertrag in Betracht kommen, erscheint ein Rückforderungsanspruch möglich.

Es kommt ebenfalls nicht darauf an, ob die konkrete Vorfälligkeitsentschädigung „richtig“ beispielsweise anhand der Aktiv-Passiv-Methode berechnet wurde. Der Gesetzgeber knüpft hier an die Informationsplicht der Bank an und nicht an die tatsächliche gesetellte Forderung.