Immobilienübertragung an Verwandte vor Insolvenz kann Anfechtbar sein (BGH IX ZR 208/18)

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 22.10.2020 – IX ZR 208/18 festgestellt, dass die Möglichkeit einer Anfechtung des Hausverkaufs des Insolvenzschuldners an nahestehende Verwandte potenziell anfechtbar ist.

Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn die Eigentumsübertragung in auffallendem Verhältnis zur Insolvenz oder dazu beitragender vorgelagerter Ereignisse steht. Vorliegend waren dies eine Sonderprüfung des Finanzamts und Vorwürfe Dritter gegen den Insolvenzschuldner wegen unlauteren Verhaltens.

Hinzu kommen weitere mögliche Indizien des BGHs wie etwas Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, mangelnde wirtschaftliche Kaufkraft des Erwerbers, dingliche Belastungen des Eigentums zugunsten des Schuldners, die eine Veräußerung erschweren und ggf. unbegründete Übertragungen alle oder der letzten werthaltigen Vermögenswerte vor der Insolvenz.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 22.10.2020 – IX ZR 208/18 eine ganze Reihe von Indizien aufgeführt, die dazu führen können, dass eine Eigentumsübertragung vor der Insolvenz anfechtbar sein kann.

Vorliegend ging es um die Übertragung einer Immobilie an den Sohn des Insolvenzschuldners über einen Kaufvertrag und gegen u.a. Eintragung eines lebenslangen Wohnrechts für den Insolvenzschuldner.

Die Vorinstanzen hatten die Klage des Insolvenzverwalters noch abgewiesen. Der BGH hob diese Entscheidungen nun auf und verwies zur erneuten Verhandlung zurück.

Laut BGH sind wesentliche Umstände des Sachverhalts nicht hinreichend vom Gericht gewürdigt worden.

So wurde im vorliegenden Fall die Immobilie kurz nach der Ankündigung einer Sonderprüfung des Insolvenzverwalters relativ zügig an den Sohn des Insolvenzschuldners übertragen. Dieser war nicht nur eine nahestehende Person, der i.d.R. besonderes Wissen unterstellt wird, sondern zudem noch Student und damit stand im Raum, ob er wirtschaftlich überhaupt zu dem Erwerb der Immobilie in der Lage war. Der BGH führt aus, dass ein Scheingeschäft vorliegen kann, wenn nicht ernstlich geplant ist, dass der Erwerber seine Gegenleistung erbringt. In diesem Fall würde es sich eher um eine verschleierte Schenkung handeln. Scheingeschäfte sind bereits nach § 117 BGB nichtig.

Der BGH bringt in seinem Urteil vom 22.10.2020 – IX ZR 208/18 dabei nicht nur die Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO, sondern auch die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO ins Spiel.

Bemerkenswert bei der Schenkungsanfechtung ist dabei, dass aufgrund der unteilbaren Leistung des Eigentumsübergangs nicht nur der wertmäßige Überschuss herausverlangt werden kann, sondern die Eigentumsübertragung rückabgewickelt werden kann. Wobei der BGH dies sodann unter einen Zug um Zug Vorbehalt stellt, der in der Praxis zu Problemen führen kann. Dies insbesondere dann, wenn tatsächlich auch eine Gegenleistung des Erwerbes geflossen ist und diese nicht mehr der Insolvenzmasse zur Verfügung steht.

Es bedeutet aber auch, dass die Übertragung der Immobilie schon dann in Gänze angefochten und ggf. rückabgewickelt werden kann, wenn auch nur ein Teil des Wertes der Immobilie sich nicht im Grundgeschäft der Übertragung widerspiegelt. Freilich unterstellt dies die positiv festgestellte Kenntnis und den

Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der handelnden Parteien. Gerade an der subjektiven Komponente kann die Anfechtung scheitern, wenn der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht bewiesen werden kann.

Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist eine Zentrale Säule der Insolvenzanfechtung, der immer vorhanden sein muss.

Besonders hoch hängt der BGH die Messlatte für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz indes meistens allerdings dann auch wieder nicht. Dies mag u.a. daran liegen, dass es ein rein subjektives Merkmal der Betroffenen ist, der von Dritten letztlich nur schwer oder gar nicht objektiv bewiesen oder erarbeitet werden kann. Sodass dem BGH an dieser Stelle i.d.R. hinreichende Indizien ausreichen.

Entsprechend verweist er vorliegend auf Erfahrungswerte und Indizien die für oder gegen eine Gläubigerbenachteiligung sprechen würden und sodann vom Oberlandesgericht zu würdigen sind.